Die Dunklen Jahre von Schwarzenpfost
Die meisten Leute denken, wenn sie von den Arbeits- und Konzentrationslagern des Zweiten Weltkrieges hören, zuerst an Orte wie Auschwitz, Chelmno, Belzec, Treblinka, Majdanek... Viele Orte weit entfernt. Doch was nur überraschend wenige wissen ist, dass auch hier in der Rostocker Heide, einst ein Arbeitslager existiert hat. Schüler aus Gelbensande und Rövershagen haben sich auf die Spuren dieses fast vergessenen Konzentrationslagers begeben und es in mühevoller Kleinarbeit geschafft, die Geschichte weitreichend zu rekonstruieren. Und nicht nur zu rekonstruieren, sondern auch für die Menschen wieder publik zu machen, was u.a. in Form eines Gedenk- bzw. Lehrpfades geschehen ist.
Das KZ-Außenlager Schwarzenpfost
Das KZ-Außenlager Schwarzenpfost bestand aus dem Verlagerungsbetrieb der Heinkel Flugzeugwerke in Schwarzenpfost und dem Unterkunftslager für die vorwiegend weiblichen Häftlinge in Oberhagen (an der heutigen B 105 zwischen Rostock und Ribnitz). Fast ausschließlich KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter wurden für die Errichtung des Lagers und die Produktion von Flugzeugteilen missbraucht (Mitte/ Ende 1944 – 1.Mai 1945). Die etwa 1000-1500 ausgemergelten Menschen führten ein erbärmliches Leben, ohne ausreichende Kleidung, Essen, Hygiene und medizinische Versorgung. Deutsche, Ungarn, Bulgaren, Norweger, Polen, Ukrainer, Russen, Tschechen und Jugoslawen waren hierher verschleppt worden, unter ihnen zahlreiche Juden, Sinti und Roma. Unter Aufsicht der SS (Ravensbrücker Einheit der Totenkopfstandarte) arbeiteten die Häftlinge teilweise auch im Wald und auf dem Feld. Die Häftlingsfrauen aus Oberhagen mussten täglich einen etwa vier Kilometer langen Fußmarsch nach Schwarzenpfost bewältigen, männliche Zwangsarbeiter kamen unter strengster Bewachung mit dem Zug aus Rostock.
Mit dem Vorrücken der Front wurde das Lager geräumt und die Gefangenen über Markgrafenheide in Richtung Hohe Düne getrieben. Die Häftlinge sollten in Warnemünde auf Schiffe geladen und in der Ostsee versenkt werden. Als die Wachmannschaft erfuhr, dass die Rote Armee bereits in Warnemünde stand, setzte sie sich in Zivilkleidung ab.
Geschichte
Der Flugzeugbauer Ernst Heinkel hatte am 1. Dezember 1922 mit seiner "Ernst Heinkel Flugzeugwerk GmbH" in Warnemünde bei Rostock die Produktion aufgenommen. Der Heinkel-Konzern war der erste deutsche Luftrüstungskonzern, der bei der SS um KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit ersucht hatte.
Die Rostocker Hauptwerke des Heinkel-Konzerns waren bereits bei einem Bombenangriff vom 26. zum 27. April 1942 erheblich getroffen worden. Nach weiteren Bombardierungen begann der Konzern seine kriegswichtige Rostocker Produktion auf 40 Klein- und Mittelbetriebe in ganz Mecklenburg zu verteilen.
Unter dem Decknamen "Robert" lief die Teilverlagerung in die Rostocker Heide. Für die Planungen stand ein 97 ha großes Gelände zur Verfügung. Auf ihm wurde - teils unter Einbeziehung der bestehenden Bewaldung, teils unterirdisch - mit dem Bau von Produktionsstätten begonnen. Zur Tarnung wurden die Hallen um die Bäume herumgebaut, damit waren ihre Dächer für die alliierte Luftaufklärung nicht mehr erkennbar. Gleichzeitig entstanden Baracken für die Arbeitssklaven. Die weiblichen KZ-Häftlinge aus Ravensbrück kamen nach Oberhagen, einem Ortsteil von Rövershagen, etwa 2 km von Schwarzenpfost entfernt. Das Lager bestand aus einem Verwaltungsgebäude und fünf, für etwa 300 Häftlinge vorgesehene, Baracken, umgeben von einem stromdurchführenden Stacheldrahtzaun mit drei Wachtürmen.
Gebaut wurden die Häftlingslager und Produktionsstätten von weiblichen und männlichen KZ-Häftlingen, Zwangsarbeitern und seit Sommer 1944 zur Zwangsarbeit verpflichteten "Halbjüdinnen" aus Rostock. Bewacht wurden die Häftlinge und Zwangsarbeiter sowohl durch Wacheinheiten der SS-Totenkopf-Verbände als auch durch SS-Frauen-Wachmannschaften aus Ravensbrück.
Nach Aussagen eines Hauptabteilungsleiters des SS-WVHA bestand das Lager seit Mitte 1943. Wir fanden Häftlingsaussagen, die den Bau des Lagers für Ende 1944 bestätigten. Die Frauen und Männer mussten beim Bau von Flugzeugteilen (HE 162), im Wald und in der Landwirtschaft Zwangsarbeit leisten.
Ende März 1945 kam für Ravensbrück der Befehl zur "Evakuierung", 25.400 Frauen und Männer gingen auf den Deportationsmarsch nach Mecklenburg, ein Teil von ihnen gelangte nach Schwarzenpfost. Dorthin kamen auch Häftlinge aus dem nicht sehr weit entfernten Lager Barth, das ebenfalls für die Heinkel-Produktion 1943 als Außenlager des KZ Ravensbrück errichtet worden war.
Anfang 1945 sollen sich insgesamt etwa 1500 Häftlinge im Lager Schwarzenpfost befunden haben, darunter Deutsche, Tschechen, Ungarn, Jugoslawen, Holländer, Polen, Ukrainer, Norweger und Russen, viele von ihnen waren Juden und "Zigeuner".
In der Nacht vom 30. April 1945 ließ die SS das Lager räumen. In einem quälenden, von Erschießungen begleiteten Fußmarsch wurden die Häftlinge durch den Wald nach Hinrichshagen, dann nach Markgrafenheide und Hohe Düne getrieben. Als die SS erfuhr, dass die Rote Armee bereits vor Warnemünde stand, setzte sie sich in Zivilkleidung ab. Für die überlebenden Häftlinge wurde der 1. Mai 1945 zum Tag ihrer Befreiung von jahrelanger Versklavung. aus: "Die Dunklen Jahre von Schwarzenpfost"
Nähere Informationen zum Buch: hier
Geografische Lage
Das KZ-Außenlager Schwarzenpfost bestand aus dem Verlagerungsbetrieb der Heinkel-Flugzeugwerke in Schwarzenpfost und dem Unterkunftslager für die vorwiegend weiblicheen Häftlinge in Oberhagen.
Arbeit der Schüler am Projekt zum KZ Außenlager Schwarzenpfost
Die Geschichte des Lagers Schwarzenpfost ließ die Gruppe um das Ehepaar Klawitter nicht mehr los. Inzwischen waren auch drei Schüler des Gymnasiums Rövershagen an diesem Projekt beteiligt. Die Jugendlichen forschten vor Ort nach den Spuren des ehemaligen Lagers und mit einer Erinnerungs- und Informationstafel konnten sie diesen Teil der Geschichte der Nachwelt erhalten.
Dabei erhielten sie große Unterstützung von der Denkmalschutzbehörde Bad Doberan (in Sachen Archivarbeit) und vom Landesamt für Denkmalpflege (z.B. bei der Sondierung des ehemaligen Heinkel-Werksgeländes mit Metallsuchgeräten). Systematisch wurden Zeitzeugen, Archive, Begegnungsstätten, Organisationen und Vereine befragt. Um Überlebende zu finden, setzten die Gelbensander Schüler sogar Anzeigen in die Presse. Vom Holocaust Memorial Museum Washington bekam die Projektgruppe schließlich eine Liste ehemaliger jüdischer Häftlinge zugeschickt. An alle Personen der Liste wurden Briefe versandt - viele blieben unbeantwortet, doch manchmal hatten die Schüler Glück. Zum Beispiel Edmond Lipsitz und Max Reinsteins Sohn Arlen, erklärten sich bereit, Fragen zu beantworten und sie schickten Fotos.
Ein beeindruckendes Beispiel für die harte Arbeit der Schüler ist auch die Suche nach Ernst Viktor Cohn. Er stammte aus Breslau, überlebte die Konzentrationslager Theresienstadt, Auschwitz, Sachsenhausen, Buchenwald und Barth. Schließlich kam er ins Lazarett Gelbensande. Später kam er in verschiedene Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen - die Schüler schrieben die Archive an und baten auch Ordnungsämter um Hilfe. So gelang es, seinen Weg bis Mai 1951 zu recherchieren. Dann verlor sich vorerst seine Spur. Die Schüler gaben dennoch nicht auf, sie suchten im In- und Ausland, einige Anfragen gingen bis nach Isreal - sie führten drei Telefonate mit dortigen Familien. Im Oktober 2004 zahlte sich die Mühe aus, der Sohn von Viktor Cohn meldete sich aus Norwegen. Ein Artikel auf www.aufbauonline.com über die Suche nach Herrn Cohn hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. Wieder konnte ein Mosaikstein dem Puzzle der Vergangenheit hinzugefügt werden.
Zeitzeugen berichten
... Die wohl tragischste Erfahrung für mich war, als uns der Kapo in der Nacht aus der Baracke holte, uns einen großen Schornstein zeigte, aus dem wir Rauch aufsteigen sahen, und sagte: "Seht mal, eure Eltern und jüngeren Verwandten verlassen gerade Auschwitz." ...
(Dr. Edmond Yehuda Lipsitz)
Die Projektgruppe wäre mit ihren Recherchen nie soweit gekommen ohne die hilfsbereiten Zeitzeugen, die der Gruppe einen Einblick in ihre tragische Vergangenheit gewährten. Über Telefon, Briefverkehr und E-mail gelang es den Schülern, so viele Informationen wie möglich zu erhalten. Besonders der Kontakt zu Dr. Lipsitz hat ihnen eine Menge Informationen vermittelt. Über E-mail erfuhren sie seine Lebensgeschichte.
Edmond Yehuda Lipsitz wurde am 7. Dezember 1925 in einer kleinen ungarischen Stadt namens Satoraljaujhely geboren, in der, bis zu Deportation im März 1944, 4000 Juden lebten. Als er 18 war wurden die Juden aufgefordert sich in Ghettos einzufinden. Nach ein paar Wochen wurden er, seine Familie und viele andere Juden, unter unerträglichen Bedingungen nach Auschwitz gebracht, wo er und seine Familie getrennt wurden. Nach einer Woche wurden er, und sein Bruder Bela, nach Dornhau verlegt, wo Edmond zuerst als Elektriker, dann bei der Firma Phillip Holzmann arbeiten musste. Über Bergen-Belsen ging es dann für sie nach Schwarzenpfost, wo sie Zwangsarbeit für die Heinkel Flugzeugwerke leisten mussten. Am 1. Mai 1945 wurden sie von der russischen Armee befreit. Sie ließen sich zunächst in einer verlassenen Wohnung in Rostock nieder. Sein Bruder wurde sehr krank, aber trotzdem entschieden sie sich mit russischen Zügen, die Schienenstränge beförderten, nach Ungarn zu fahren. Auf dieser Fahrt starb Edmonds Bruder Bela.
Von 1958 bis 1964 arbeitete Edmond Y. Lipsitz als Lehrer und Direktor der Hebräischen Schule Or Shalom in London, Ontario. Während dieser Zeit studierte er an der Universität von Western Ontario (UWO), wo er den Grad eines B.A. (Psychologie) erwarb und einen Spezialpreis in einem Kurs für Internationale Politik gewann, sowie den Grad eines Master of Science (Biologie) erlangte.
1964 wurde er Stellvertreter des Nationalen Direktors von Keren Ha-Tarbuth, der Hebräischen Kultur-Organisation in Montreal, und Direktor des hebräischsprachigen Camp Massad. Er setzte seine Studien in Montreal fort und erlangte den Grad eines Master of Education (Verwaltung) sowie den eines Ph.D.(Biochemie) an der McGill-Universität. 1969-72 war er an dieser Universität Kursleiter für Organische Chemie und Biochemie.
1972 zog Edmond. Y. Lipsitz nach Toronto, wo er Direktor für Erziehung und Kultur des Jüdischen Kongresses von Kanada wurde. Er arbeitete 1973-76 auch als Kursleiter für Biologie einer Abendschule an der York-Universität. 1976 wurde er zum Stellvertretenden Vorsitzenden des Jüdischen Kongresses von Toronto berufen und 1980 als Vorsitzender des Jüdischen Kongresses von Kanada/Region Ontario. Er übte diese Funktionen bis zum Beginn seines Ruhestands im Jahre 1992 aus.
1998 arbeitete er als Direktor der Vereinigten Gemeindeschulen in Toronto, 1999-2000 war er Direktor einer hebräischen Tagesschule. Er war in verschiedenen anderen Funktionen innerhalb der jüdischen Gemeinschaft tätig, u.a. als Leiter des Jüdischen Kulturrates.
Er ist Autor/Mitautor bzw. Herausgeber verschiedener Bücher, u.a.
- Kanadisch-jüdische Frauen von heute, 1983
- 6400 Fragen über das Judentum und das jüdische Volk, 1986
- Kanadisches Judentum heute, 1991; 2000
- Ein Reiseführer in das jüdische Toronto, 1992
Dr. Edmond Y. Lipsitz ist verheiratet und hat zwei Kinder und vier Enkelkinder.
... Als ich einmal Berlin besuchte und unser Bus das Brandenburger Tor erreichte, bat ich den Fahrer anzuhalten, stieg aus, ging durch das Tor und sagte zu mir selbst: Du SOB (son of a bitch) Hitler, hier bin ich, ein Jude, und gehe durch das Brandenburger Tor, und du bist gestorben wie ein dreckiges Schwein ...
Dr. Edmond Yehuda Lipsitz
Magda Goldman berichtet:
"... Im Frühling, irgendwann im März (1945), wurden einige von uns ausgesucht und mit der Bahn nach Schwarzenpfost gebracht. Nach der Bahnfahrt folgte eine weitere Fahrt mit einem Kleintransporter zu einem Komplex von Holzbaracken, die mit einem Stacheldrahtzaun umgeben waren. Dort gab es kein fließendes Wasser. Eine Baracke hatte einen Bottich für etwa 100 Frauen, die alle in einer Reihe warteten, um sich nach der Arbeit zu waschen. Es gab eine Pumpe, von der wir Wasser bekamen. Bis zum Werk war es ein zwei- bis dreistündiger Fußmarsch durch den Wald. Dieses Werk war vor Luftangriffen mit Baumästen getarnt. Es war so gebaut, daß innen Bäume wuchsen, durch das Dach hindurch, so dass die Äste die Betriebsamkeiten verbargen. Es war auch ein Heinkel-Werk, und wir machten dieselbe Arbeit – Flugzeuge bauen. Nach einiger Zeit gab es nicht mehr genug Arbeit, weil nicht genügend Material da war. Sie ließen einige Arbeiter im Werk, und die übrigen von uns wurden zu Ackerflächen gebracht, von denen wir Steine absammeln mussten. Die russischen und polnischen Häftlinge pflanzten auf den Feldern Kartoffeln. Die Kohlsuppe wurde durch Rübensuppe ersetzt. Gegen Mai, vielleicht in den letzten Apriltagen, hörten sie mit dem Kochen auf und gaben uns rohe Kartoffeln und rohe Rüben. Davon wurden wir krank, und deshalb versuchten wir, sie zwischen Steinen zu kochen. Ukrainische Häftlinge kamen gerade in dem Moment hinzu und kippten unsere behelfsmäßige Kochstelle um und verstreuten das ganze Essen. Jeder war gereizt. Mit der Zeit wurden die ukrainischen Häftlinge den Juden gegenüber ausfallender. Eines Tages wurde angeordnet, dass jeder sein Bündel für einen langen Marsch packen sollte. Es gab kein Essen mehr. Das mag am letzten Tag im April oder am 1. Mai gewesen sein. Wir stellten uns alle in Reihen auf, und sie kündigten an, jeden, der keine Kraft zum Gehen hätte, zu erschießen. Es würden keine Ruhepausen gemacht. Meine Schwester hatte von den Rüben schreckliche Krämpfe, und zwei von uns stützten sie, als wir losgingen. Wir fürchteten sehr, daß sie nicht überleben würde. Wir marschierten einen Tag lang, aber die Straßen waren vollgestopft mit anderen Häftlingskarawanen und Soldaten, die sich alle auf dem Rückzug befanden. Unsere Wachen hatten alle Zivilkleidung angezogen, bevor wir aufbrachen, und trugen nur noch ihre Waffen. Ein Wachposten sagte, daß die Russen am nächsten Morgen da sein würden und dass jeder, dem es gelänge, bis dahin am Leben zu bleiben, wahrscheinlich auch das überstehen würde. Wir erreichten die Hafenstadt – Warnemünde? Es schien ein Zufluchtsort zu sein. Dort stoppten die Wachposten unsere Kolonne und ließen uns warten. Wir warteten eine Weile, dort herrschte überall ein großes Durcheinander; viele Soldaten versuchten, auf Boote zu kommen. Dann merkten wir, daß wir allein gelassen worden waren: Unsere Wachposten hatten uns gerade verlassen. Die anderen Häftlinge gingen in verschiedene Richtungen. Wir – die jüdischen Häftlinge – blieben zusammen. Wir waren ungefähr 20, alles ungarische Jüdinnen. Wir entschlossen uns, bis zum nächsten Tag zu warten, bis die Russen kämen und uns befreiten. Wir blieben eine Weile an der Straße stehen und überlegten, ob wir uns eine Nacht in den Wäldern verstecken sollten. Wir erkannten einige deutsche Vorarbeiter, die im Werk gearbeitet hatten. Wir sprachen mit einem von ihnen, und er sagte: „Geht nicht zum Lager zurück, denn es ist in Brand gesteckt worden.“ Er gab uns auch den Rat, nicht in die Wälder zu gehen, da sie voller deutscher Soldaten wären. Er schlug uns vor, in eines der nahegelegenen Dörfer zu gehen und uns in einer der Scheunen zu verstecken. Wir gingen zum nächstgelegenen Dorf Hinrichshagen – und gingen von Haus zu Haus und baten die Leute, uns in der Scheune übernachten zu lassen. Die weigerten sich alle. Dann fanden wir ein Haus, in dem ein alter Mann wohnte. Einer hatte uns geraten, zu seinem Haus zu gehen. Aber wir fragten nicht einmal und gingen in seinen Holzschuppen. Nachts hörten wir ein großes Lastauto und sahen durch die Latten des Schuppens, daß eine Gruppe deutscher Soldaten in das Haus des alten Mannes ging, um dort zu übernachten. Aus Furcht vor Entdeckung wagten wir nicht, uns zu bewegen. Wir hörten stundenlang eine Menge Artilleriefeuer, und es klang so, als ob es immer näher käme. Das war die Front. Dann hörten wir nichts mehr. Es herrschte Schweigen. Wir fürchteten alle, daß die Nazis gewonnen hatten. Dann, am nächsten Morgen, war es ruhig. Die Nazi-Soldaten waren nicht mehr in dem großen Haus. Wir trauten uns alle nicht, hinaus zu gehen. Zwei Frauen aus unserer Gruppe – meine Schwester und eine andere – gingen schließlich hinaus, um sich umzuschauen. Nichts war zu sehen und zu hören. Eine halbe Stunde später hörte ich meine Schwester schreiend zum Schuppen laufen: „Die Russen sind da! Die Russen sind da!“ Wir waren befreit. ..."
Das Buch: "Die dunklen Jahre von Schwarzenpfost"
Die meisten der hier genannten Informationen sind für Interessierte weit detailreicher in dem Buch "Die Dunklen Jahre von Schwarzenpfost" wieder zu finden.
Titel: | "Die dunklen Jahre von Schwarzenpfost" |
von: | Petra Klawitter, Christine Gundlach, Frank Schröder, Rostock Max-Samuel-Haus (Herausgeber) |
Taschenbuch: | 142 Seiten |
Preis: | 10 Euro |
Verlag: | Büro + Service Rostock; Auflage: 1 (Mai 2006) |
Sprache: | Deutsch |
ISBN: | 3899542142 |
Das Buch ist u.a. erhältlich bei www.amazon.de
Begleit-CD zum Buch:
Auf dieser CD kommen noch einmal die Zeitzeugen des Außenlagers Schwarzenpfost zu Wort. Die historischen Quellen wurden von den Schülern ausgewählt und selbst gesprochen. Zudem ist ein Interview mit Edmond Y. Lipsitz - einem ehemaligen jüdischen Häftling - auf der CD enthalten, das die Schüler am 23.07.2006 mit ihm führten. Die CD hat eine Gesamtlänge von 39 Minuten und 23 Sekunden. Zum Probehören bieten wir einen kleinen Ausschnitt des Interviews mit Lipsitz an.
Die erstmalige Präsentation des Buches erfolgte am 20. Juni 2006 im Jagdschloss Gelbensande.
Für Sie zum Reinhören:
(1) Mittschnitt des Radiobeitrages vom NDR
(2) Ausschnitt aus dem Interview mit Dr. Lipsitz